2. Harzer Schilddrüsengespräch am 5. Juni 2002
Wie soll man Schilddrüsenknoten behandeln?
Jeder dritte hat Auffälligkeiten an der Schilddrüse – Ärztefortbildung in Herzberg

Von Karl Heinz Bleß

Dr. Astrid Laue-SavicHerzberg. Jeder dritte im Berufsleben stehende Bundesbürger hat Auffälligkeiten an der Schilddrüse. Jeder Vierte hat einen Schilddrüsenknoten. Das ist das Ergebnis einer groß angelegten wissenschaftlichen Studie, bei der bisher 76.000 Bürgerinnen und Bürger untersucht wurden – darunter auch in Bad Lauterberg knapp 260. Bei der so genannten Papillon-Studie wird die Schilddrüse mit einem Ultraschall-Gerät aufgenommen und das Bild ausgewertet.

Im Rahmen des 2. Harzer Schilddrüsengespräches bildeten sich 65 Ärztinnen und Ärzte im Welfenschloß Herzberg bezüglich der Schilddrüsenknoten weiter. Die Moderation des Abends hatte die Bad Lauterberger Nuklearmedizinerin Dr. Astrid Laue-Savic übernommen.

Dr. Renate VaupelIn einem ersten Vortrag stellte die gebürtige Herzbergerin Dr. Renate Vaupel aus Berlin die Studie vor. Auffälliges Ergebnis der Studie ist es, dass jede sechste Frau und jeder fünfte Mann eine vergrößerte Schilddrüse hat, die zu einem Kropf auswachsen kann. Etwa ein Viertel aller Untersuchten hatten Schilddrüsenknoten. Je älter die Menschen sind, desto eher waren diese Knoten zu finden. Als Hauptursache nannte die Wissenschaftlerin den Jodmangel in Deutschland.

Die Schilddrüsenknoten sind sehr unterschiedlich zu bewerten, erläuterte Professor Dr. Peter Kann aus Mainz in seinem Vortrag. Es handelt sich dabei um Gewülste, die gutartig, aber auch bösartig sein können. Schon mit einem hochauflösenden Ultraschallgerät kann man Unterschiede an den Knoten erkennen, die auf die eine oder andere Art des Knotens hinweisen. Die überwiegende Anzahl der Knoten ist gutartig.

Weitere Untersuchungen etwa im Labor oder durch eine Feinnadel-Punktion, die recht zuverlässig, schmerzfrei und in der Regel ohne Komplikationen abläuft, kann das Gewebe des Knotens genauer bestimmt werden.

Prof. Dr. Peter KannAusführlich ging der Referent auf die verschiedenen Therapiemöglichkeiten ein. Dabei ist die Art der Knoten wichtiges Kriterium für die Therapie. Ist ein Knoten beispielsweise klein und gutartig, zudem noch bei einem älteren Patienten, dann kann eine Verlaufskontrolle angesagt sein, so der Mediziner. Dabei sollten die Knoten durch regelmäßige, etwa halbjährliche Untersuchungen beobachtet  werden. 

Einfache Zysten, also mit Flüssigkeit gefüllte Hohlräume, können mit der therapeutischen Punktion behandelt werden, erläutertete Kann.

Nicht überzeugt ist der Wissenschaftler von einer Äthanolinjektion, die seiner Kenntnis nach keinen therapeutischen Erfolg verspricht. 

Als Medikamente kommen laut Kann vor allem zwei Wirkstoffe in Frage: Jodid und Levotyroxin. Während das Jodid besonders bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit einer vergrößerten Schilddrüse zu erwägen ist, ist der zweite Wirkstoff für eine dauerhafte Schilddrüsen-Unterfunktion angesagt. Die Schilddrüse produziert für den Körper wichtige Hormone, die in einem komplizierte körperlichen Vorgang gesteuert werden. Produziert die Schilddrüse zu wenig Hormone, kann man den Mangel über Medikamente ausgleichen. Das Jodid sei „kaum zu überdosieren“, da der Körper überflüssiges Jodid einfach ausscheide, sagte Professor Kann. Allerdings können Medikamente Knoten in der Schilddrüse nicht verschwinden lassen, betonte der Referent mehrfach. 

Als nächste Stufe der Therapie nannte der Mainzer Wissenschaftler die Radio-Jod-Behandlung, eine nuklearmedizinische Therapie. Während eines stationären Krankenhausaufenthaltes auf einer Spezialstation schluckt der Patient radioaktives Jod. Verursacht ein Knoten eine Überfunktion der Schilddrüse (heiße Knoten), dann kann mit der Radio-Jod-Behandlung auch ohne Operation therapiert werden. Auch für die Nachbehandlung von bösartigen Knoten werde diese Methode eingesetzt.

Die letzte Stufe ist die Operation. Dabei wird der Schilddrüsenknoten chirurgisch entfernt oder die stark vergrößerte Schilddrüse verkleinert. Professor Kann machte deutlich, dass gerade bei bösartigen Knoten keine Zeit zu verlieren sei, denn der Eingriff sollte geschehen, bevor sich Metastasen (Tochtergeschwüre) bilden, die den Krebs auf andere Organe übertragen.
 

 

Papillon-Studie:
Die Papillon-Studie wird von der Firma HENNING BERLIN GmbH durchgeführt und betreut.
Schilddrüsen-Initiative Papillon
Postfach 11 04 44
10834 Berlin
 

Weitere Informationen bei:
Dr. med. Astrid Laue-Savic
Ärztin für Nuklearmedizin
Wissmannstraße 9
37431 Bad Lauterberg